Einmal selbst sehen ist mehr wert, als hundert Neuigkeiten hören.
Japanisches Sprichwort
Wir sind nun seit 6 Monaten auf dem südamerikanischen Kontinenten unterwegs. Während dieser Zeit haben wir viele wunderschöne Orte und atemberaubende Naturschauspiele gesehen, sowie fremde Kulturen und liebenswerte Menschen kennen gelernt. Doch wir haben auch Dinge, Zustände und Orte angetroffen, die uns berührt und nachdenklich gestimmt haben. Ein solches Beispiel ist der Regenwald.
Während unserem Besuch in Rurrenabaque (Bolivien) und auch kürzlich wieder in Iguazu, haben wir die Möglichkeit gehabt, die wunderbare Tier- und Pflanzenwelt sowie die Idylle der Natur zu entdecken. Gleichzeitig wurden wir jedoch auch bei jedem Besuch im Regenwald auf dessen Zerstörung aufmerksam gemacht. Wir haben Proteste gesehen, hatten Gespräche mit betroffenen Menschen und haben selbst riesige gerodete Flächen angetroffen, die einst Teil des Regenwaldes waren. Ein Beispiel dafür ist der Mata Atlântica, der altlantische Regenwald, in welchem sich die Iguazu-Wasserfälle befinden. Bedeckte er einst 15% der Fläche Brasiliens und einen Teil Argentiniens, besteht heute nur noch 1% davon.
Auch die Fläche des Amazonas schwindet immer mehr. Nach unserem Besuch in Iguazu haben wir begonnen, uns mit den Ursachen dieser Zerstörung auseinander zu setzen und sind auf folgende Themen gestossen: die weltweite Nachfrage der Industriestaaten und Chinas nach Fleisch, Soja als Futtermittel für Nutztiere, Edelhölzern und Papier bedroht immer grössere Waldflächen des Amazonas. Die Probleme zu den Themen Holz und Papier sind mehr oder weniger bekannt, doch was hat es mit Fleisch und Soja auf sich?
Fleisch
In den letzten 60 Jahren hat sich der weltweite Fleischkonsum mehr als verdreifacht. Das heißt, momentan werden knapp 300 Millionen Tonnen Fleisch pro Jahr konsumiert, Tendenz steigend. In Brasilien gibt es heute die größte kommerzielle Rinderhaltung der Welt und seit 2003 ist das Land der weltweit größte Rindfleisch-Exporteur. Die Folgen davon sind eine immer grössere Zerstörung des Amazonas. Riesige Flächen Regenwald müssen Weideland für die Rinder weichen. Zwischen 2000 und 2007 wurden im brasilianischen Teil des Amazonas-Gebiets pro Jahr durchschnittlich 20’000 km² entwaldet. In 7 Jahren also eine Fläche, die etwa 4x so gross ist wie die Schweiz. Rinderzucht ist heute die Hauptursache für die Zerstörung des Regenwaldes im Amazonas.
Soja
Neben der “Gewinnung” von Weideland trägt auch der Soja-Anbau massiv zur Zerstörung des Regenwaldes bei. Im Jahre 2004 verliessen 38 Millionen Tonnen Soja Brasilien. 2005 hat sich Brasilien vor den USA und Argentinien als Nummer eins unter den Sojaproduzenten positioniert. Wohin gehen diese Unmengen an Soja? Grösstenteils landen sie in Form von Sojaschrot im Futtertrog von Tieren. An der Spitze der Importländer stehen Europa und China. Allein in der Schweiz haben sich in den letzten 20 Jahren die Importe von Soja als Futter für Schweine, Rinder und Hühner verzehnfacht.
Gemäss einer Studie von Greenpeace werden, falls diese Entwicklung so weiter geht, der intensive Soja-Anbau und die Rinderzucht bis im Jahre 2050 rund 40% des Regenwaldes im Amazonas zerstört haben…
Auf den Seiten von Greenpeace, WWF, dem Worldwatch Institute und vielen anderen Organisationen gibt es weitere Zahlen und viel detailliertere Informationen rund um diese Themen. Was uns aber viel mehr berührt hat als all diese Zahlen & Fakten sind die Menschen, die uns mit traurigen Augen erzählt haben was in ihrer Heimat geschieht. Wie sie aus ihren Wohngebieten vertrieben werden, weil diese in Verbindungsstrassen, landwirtschaftliche Flächen oder Weideland umgewandelt werden sollen. Wie den Tieren im Regenwald der Lebensraum entzogen wird. Wie das Gleichgewicht der Natur zerstört wird, ohne eine Minute über die Folgen nachzudenken. Sogar wie Menschen getötet werden, die sich diesem radikalen Vorgehen in den Weg stellen wollen…
Das alles ist traurig und erschreckend, aber tägliche Realität. Viele Menschen in Europa, den USA und China denken das sei nicht ihr Problem, das alles würde sich weit ausserhalb ihres Verantwortungsbereichs abspielen. Doch so ist es nicht. Denn wir sind diejenigen, die Fleisch, Soja, Holz und Papier wollen und oft nicht hinterfragen woher das alles kommt und unter welchen Umständen es produziert wurde…