Nach den kalten Tagen in La Paz haben wir uns riesig auf die Zeit in Rurrenabaque gefreut. Dieser kleine Ort liegt ca. 450km nördlich von La Paz, mitten im Amazonas. Der Name des Ortes kommt aus der örtlichen Tacana-Indianersprache und bedeutet “Ententeich”.
Rurrenabaque liegt am westlichen Rande eines der grössten Feuchtgebiete unserer Erde und im nahegelegenen Nationalpark Madidi leben mehr geschützte Tierarten als in jedem anderen Nationalpark der Welt. Richtig berühmt wurde diese Region jedoch erst im Jahre 1982, als sich eine Gruppe Touristen im Urwad verirrte und nur einer von ihnen überlebte. Erst nach über 3 Wochen fand er mit Hilfe von Einheimischen in die Zivilisation zurück. Sein Buch (Lost in the Jungle) wurde anschliessend zum Bestseller.
Mit einer kleinen Propellermaschine flogen wir in gerade mal einer Stunde von La Paz nach Rurrenabaque. Gegensätzlicher als die letzten Wochen hätte das Klima nicht sein können. Bei unserer Ankunft herrschten ca. 38° und es war wahnsinnig feucht. Wir mussten uns am Flughafen erst mal ein paar Minuten hinsetzten und diesen Klimawechsel verdauen.
Danach haben wir uns auf die Suche nach einer guten Agentur gemacht. Es gibt zwei Arten von Touren, die man in dieser Region unternehmen kann. Die Dschungel- und die Pampas-Tour. Der Dschungel ist eher wegen seiner Vegetation spannend, die Pampas hingegen ist ein riesiges Feuchtgebiet in welchem man hervorragend Tiere beobachten kann. Wir entschieden uns zuerst für 3 Tage Dschungel und anschliessend 3 Tage Pampas.
Am nächsten Morgen fuhren wir mit einem kleinen Kanu von Rurrenabaque 4 Stunden den Rio Beni hinauf in den Nationalpark Madidi. Dort befindet sich die Lodge “Tacuaral”, welche für die nächsten 3 Tage unser Zuhause sein sollte. Nach unserer Ankunft hatten wir etwas Zeit Siesta zu machen und die Geräuschkulisse auf uns wirken zu lassen. Es ist unglaublich wie laut es im Dschungel ist! Gegen 16:00 Uhr machten wir mit unserem Guide, welcher in dieser Region aufgewachsen ist, eine erste Tour in den Wald rund um unsere Lodge. Er konnte uns viel über die Pflanzen und vor allem über ihre Verwendung in der traditionellen Medizin erzählen. Tiere haben wir zwar viele gehört, aber fast keine gesehen.
In unserer ersten Nacht im Dschungel kam dann alles etwas anders als wir es erwartet hatten. Nach Mitternacht ging es Eveline immer schlechter und sie musste sich etwa alle 30 Minuten übergeben und hatte starken Durchfall. In unseren einfachen Unterkünften gab es keine Toiletten, diese befanden etwa 3 Gehminuten von den Hütten entfernt. Mitten in der Nacht, nur mit Taschenlampe bewaffnet zwischen Toilette und Hütte hin und her zu laufen war kein Spass. Einige Male dachten wir an die Jaguarspuren welche wir zuvor rund um unser Camp gesehen haben. Von allen anderen Tieren, die sich in der Nacht rund um unsere Lodge aufgehalten haben wollen wir gar nicht sprechen… Zu allem Überfluss haben wir mit unseren Lampen auch noch unzählige Moskitos angezogen, die sich bei jedem Besuch auf der Toilette gierig auf uns gestürzt haben.
Unsere Rettung am nächsten Tag war Stella. Sie ist die Tochter eines bekannten Schamanen in dieser Region. Aus der Rinde eines Baumes kochte sie Tee für Eveline. Eigentlich wollten wir so rasch wie möglich nach Rurrenabaque zurück um einen Arzt aufzusuchen, doch das war nicht so einfach. Da ein Boot 4 Stunden brauchte bis zur Lodge und noch mal knapp 3 Stunden für die Fahrt zurück würde es sowieso viele Stunden dauern bis wir in Rurrenabaque wären. Also beschlossen wir auf die Heilkünste von Stella zu vertrauen. Wir wissen nicht genau was alles in diesem Gebräu zusammengekocht wurde, aber erstaunlicherweise ging es Eveline ein paar Stunden später schon wieder etwas besser. Zwar nicht so gut, dass sie an den Ausflügen teilnehmen konnte, aber immerhin konnte sie am 2. Tag das Bett wieder für einige Zeit verlassen und eine Reissuppe essen. Es war schön zu sehen, wie rührend sich Stella und die anderen Menschen um Eveline kümmerten, jede Stunde einmal bei ihr vorbei schauten und neuen Tee brachten. Mich schickten sie in den Dschungel, damit ich Eveline dann von meinen Erlebnissen berichten und Fotos zeigen konnte.
Da Evelines Zustand auch in Rurrenabaque nicht viel besser wurde, verzichteten wir auf die 3 Tage Pampas und buchten einen Flug zurück nach La Paz, wo wir uns jetzt ein wenig ausruhen und erholen.
Auch wenn nicht alles wie gewünscht verlief, die letzten Tage waren ein pures Abenteuer. Es war für uns beide schön zu sehen, mit wie viel Hingabe und Fürsorge die Menschen für einen da sein können, wenn es jemandem schlecht geht. Es war faszinierend zu sehen, dass es fast für jedes gesundheitliche Problem Pflanzen gibt, die helfen können. Und natürlich war es ein unvergessliches Erlebnis, während ein paar Tagen am Leben im Dschungel teilnehmen zu dürfen. Der Amazonas ist – mit dem richtigen Wissen – ein Paradies auf Erden. Wir hoffen, dass es weiterhin gelingt diese wunderbare Region vor der Ausbeutung profitgieriger Menschen zu schützen!