Der Huayna Potosi ist ein Berg, der ca. 25km nördlich von La Paz liegt. Er ist offiziell 6088m hoch und gilt als einer der einfacheren 6000er der Erde. Dies vor allem weil er technisch keine allzu schwierigen Passagen hat und gut erreichbar ist.

In La Paz gibt es unzählige Agenturen, die Touren zum Gipfel des Huayna Potosi anbieten. Wir haben uns aufgrund mehrerer Empfehlungen für Aka Pacha Tours und den Guide “Supermario” entschieden.

Tag 1:
Am Freitag Morgen um 08:30 waren wir bei der Agentur um die Ausrüstung zu beziehen. Für Eveline war klar, dass sie mich bis zum High Camp, jedoch nicht zum Gipfel begleiten würde. Somit brauchte nur ich die gesamte Ausrüstung. Gegen 10:00 hatten wir alles beisammen und fuhren los Richtung Base Camp auf 4700m. Die Fahrt dauerte rund 2 Stunden und führte uns aus der Stadt hinaus auf eine holprige Naturstrasse, durch Hochland-Steppen, vorbei an Lamas und farbigen Lagunen.  Im Base Camp angekommen erhielten wir ein leckeres Mittagessen. Danach musste dass gesamte Material, welches ich für die kommende Nacht benötigte, in meinen Rucksack. Da kam einiges zusammen: Schalenschuhe, Schlafsack, Steigeisen, Eispickel, warme Jacke und Hose und natürlich noch jede Menge Wasser. Obwohl wir das Material so gut wie möglich aufgeteilt haben, hatte ich schlussendlich ca. 23kg auf dem Rücken.

Um 13:00 begannen wir mit dem Aufstieg in Richtung High Camp, welches auf 5100m liegt. Es ist schon auf Meereshöhe nicht einfach einen steilen Weg mit so viel Gewicht auf dem Rücken hinauf zu kraxeln. Auf dieser Höhe ist es einfach nur noch unbeschreiblich anstrengend und wir mussten alle paar Meter anhalten um Luft zu kriegen. Zum Schluss gab es keinen Weg mehr und wir mussten uns über ein Geröllfed aus losen Steinen hinauf kämpfen. Nach ca. 2h erreichten wir völlig erschöpft das High Camp. Wir rollten unsere Schlafsäcke aus und legten uns so rasch wie möglich hin, um uns etwas zu erholen. Um 17:00 gab es ein einfaches Abendessen bestehend aus Suppe und Pasta. Da es für mich bereits um 00:30 losgehen würde, war nach dem Essen Schlafen angesagt. Wahrscheinlich haben wir irgendetwas nicht gut vertragen, denn bereits nach einer Stunde hatten wir beide Probleme mit der Verdauung. Auch schlafen kann man auf dieser Höhe kaum. Da sich die Atemfrequenz beim Einschlafen verlangsamt bekommt man zu wenig Sauerstoff und ist sofort wieder wach. So begann für die nächsten Stunden ein ständiges hin und her zwischen wach sein und eindösen. Auf 5000m gibt es übrigens noch ca. 50% Sauerstoff in der Luft…

Tag 2:
Während Eveline im Schlafsack bleiben konnte, hiess es für mich um 00:30 aufstehen, Ausrüstung anziehen und anschliessend Morgenessen. Ich brachte keinen Bissen runter und begnügte mich mit einem warmen Tee. Mitten in der Nacht, um 01:30, ging es dann mit meinem Guide “Supermario” als eine der letzten Seilschaften los. In der Nacht ist die Lawinengefahr deutlich geringer und der Aufstieg dank dem harten Eis einfacher. Wenige Meter hinter dem High Camp beginnt bereits der Gletscher und wir montierten unsere Steigeisen. Die ersten 1,5 Stunden ging es zwar steil, aber ohne grössere Hindernisse nach oben. Danach kam eine steile Stelle, an welcher wir ca. 30 Höhenmeter überwinden mussten und unsere Eispickel das erste Mal einsetzten. Mein Puls raste und ich musste immer wieder pausieren um genug Sauerstoff zu bekommen. Danach ging es während rund 2h weiter über den Gletscher nach oben. Im Schein unserer Stirnlampen konnte ich immer wieder die tiefen Gletscherspalten erkennen, die teilweise unmittelbar neben uns in die Tiefe führten. Nach ca. 4h ging es in den Schlussaufstieg. Das war der härteste Teil. Wir befanden uns bereits auf knapp 6000m und als ob dies nicht genug wäre ging es jetzt auch noch über steile Stufen nach oben. Meine Beine begannen zu brennen und die kalte Luft (-20°) schmerzte beim Atmen. Schlussendlich, nach 4.5h Knochenarbeit hatten wir es geschaft und standen als erste Gruppe auf dem Gipfel! Zwar war es noch dunkel, doch das Gefühl dort oben zu stehen war auch so unbeschreiblich!! Nach nur 20min machten wir uns bereits wieder an den Abstieg. Der Weg nach unten war wunderschön! Die Sonne ging auf und ich konnte zum ersten mal etwas von unserer Umgebung sehen. Nach knapp 2h Abstieg waren wir wieder im High Camp wo Eveline bereits auf mich wartete 🙂

Von den ungefähr 25 Personen, die in dieser Nacht Richtung Gipfel unterwegs waren, schafften es nur gerade 4 bis ganz nach oben. Alle anderen mussten wegen höhenbedingter Problemen abbrechen. Dies zeigt, dass diese Tour kein Spaziergang ist. Auch wenn viele Agenturen in La Paz den Huayna Potosi als einfachen 6000er verkaufen, auf dieser Höhe ist nichts einfach.

Nach einem Coca-Tee und einer kurzen Pause hiess es bereits wieder Ausrüstung in den Rucksack packen und zum Base Camp absteigen. Von dort ging es mit dem Auto zurück und um 14:00 waren wir wieder in La Paz, wo ich todmüde ins Bett fiel und sofort eingeschlafen bin.

Der Huayna Potosi war eine der härtesten aber zugleich eine der eindrücklichsten Erfahrungen meines Lebens. Ich bin glücklich, dass ich dieses Erlebnis ohne Zwischenfälle machen konnte und danke Eveline für die Unterstützung während dieser Tage 🙂